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Rede zum 6. Geburtstag des Gartens der Frauen am 8.7.2007
Seien Sie herzlichst begrüßt zum sechsten Geburtstag des Gartens der Frauen. An dieser Stelle möchte ich ganz besonders Herrn Staatsrat Gerhard Fuchs und Evelyn Fuchs begrüßen. Beide sind dem Garten der Frauen von Anfang an freundschaftlich verbunden. Ebenso herzlich begrüßen möchte ich die Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft und frauenpolitische Sprecherin der GAL Bürgerschaftsfraktion, Dr. Verena Lappe. Die musikalische Umrahmung wird von Anne Wiemann und Daniela Lorenz geboten.
Was ist seit dem letzten Geburtstag im Garten der Frauen geschehen: Er hat sich vergrößert. Ein weiterer Rosenbogen als Ein- und Ausgang in den Garten ist hinzugekommen und auch eine weitere Gemeinschaftsgrabfläche. Deshalb sind nun wieder Sarg- und Urnenplätze zu vergeben.
Auch gibt es auf der bereits genutzten Gemeinschaftsgrabfläche eine neue Bepflanzung. Und überhaupt sind neue, andere Pflanzen in den Garten der Frauen gepflanzt worden.
Ein Windspiel im Baum über der Rundbank lässt bei Wind beruhigende zarte Klänge ertönen. Sie sehen, wir wollen es Ihnen und uns im Garten der Frauen gutgehen lassen.
Und heute soll es uns besonders gutgehen zu unserem 6. Geburtstag bei Kaffee/Tee und Kuchen, bei heiterer Musik und bei der Enthüllung unseres neuesten Erinnerungssteins.
Dieser Stein steht ganz im Zeichen des in diesem Jahr europaweit begangenen "Europäischen Jahrs der Chancengleichheit für alle".
Obwohl es seit vielen Jahren europaweit geltende Gleichstellungsrichtlinien gibt, darüber hinaus in Deutschland auch noch das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und seit 1949 im Deutschen Grundgesetz die Gleichberechtigung von Frau und Mann festgeschrieben ist, werden nach wie vor in der Praxis, also im menschlichen Miteinanderumgehen und - arbeiten Menschen diskriminiert und benachteiligt, die nicht den genormten Vorstellungen wie Mensch zu sein hat, entsprechen.
So werden Menschen nach wie vor , trotz aller Gesetze, die dies verbieten, wegen ihrer ethnischen Herkunft, der sexuellen Orientierung, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, wegen ihres Alters oder ihres Geschlechts diskriminiert.
Diese Tatsache zeigt uns, dass Gesetze allein nicht ausreichen, um Diskriminierungen zu verhindern. Die Menschen müssen sensibilisiert werden für das Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung. Nur dadurch wird es möglich sein, diesen sozialen Gruppen die gleichen Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe zukommen zu lassen wie allen anderen auch.
Der Verein Garten der Frauen fühlt sich dem "Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle" verpflichtet. Seit seinem Bestehen ist es dem Garten der Frauen eine Selbstverständlichkeit, in Sinne eines humanen Weltbilds seinen Beitrag zur Antidiskriminierung sozialer Gruppen zu leisten. Darum erinnert der Garten mit seinen historischen Grab- und Erinnerungssteinen immer wieder an Frauen, die wegen ihrer Religion, Weltanschauung, Behinderung oder ihres Geschlechtes diskriminiert wurden.
Mit diesem neuen Erinnerungsstein wollen wir ein Zeichen setzen für die Chancengleichheit homosexueller Frauen und Männer und von Zuwanderinnen und Zuwanderern.
Wir erinnern an Gunda Werner, Streiterin für Frauenrechte und Frauenbildung, die in einer Lebensgemeinschaft und Liebesverbindung mit einer Frau lebte. Und wir erinnern an die nach Hamburg zugewanderte Prinzessin von Oman und Sansibar, die einen Hamburger Kaufmann heiratete, den Namen Emily Ruete annahm und in Deutschland in einer kulturellen Zerrissenheit lebte.
Unser Vereinsmitglied Annette Hecker wird den Lebensweg ihrer Lebensgefährtin Gunda Werner nachzeichnen. Danach wird unser Vereinsmitglied, die Schauspielerin Hanna Kottas ein von Gunda Werner verfasstes Gedicht vortragen. Und danach spielt das DUO eines der Lieblingsstücke von Gunda Werner.
Die zweite Frau, der wir mit diesem Erinnerungsstein gedenken wollen, ist Emily Ruete, geborene Salme Prinzessin von Oman und Sansibar. Sie steht symbolisch für alle nach Hamburg Zugewanderten.
Geboren am 30.8.1844 auf Sansibar, gestorben am 29.2.1924 in Jena war die Prinzessin die Tochter des Sultans von Oman und Sansibar und von Dschilsidan, einer seiner 75 Nebenfrauen. Die Prinzessin lebte mit ihrer Mutter, einem Teil ihrer Halbgeschwister - sie hatte 36 Geschwister - und deren Müttern im ältesten Palast von Sansibar. Wie alle ihre Geschwister lernte auch Salme mit fünf Jahren reiten, später fechten und schießen. Schulunterricht erhielt sie mit ihren gleichaltrigen Geschwistern gemeinsam, wobei die Mädchen nur lesen, die Jungen hingegen auch schreiben lernten. Salme brachte sich das Schreiben selbst bei.
Als Salme 12 Jahre alt war, starb ihr Vater. Salme wurde für mündig erklärt und erhielt den ihr zustehenden Erbteil, das war die Hälfte dessen, was Prinzen bekamen.
Als ihre Mutter drei Jahre später verstarb, ließ sich Salme in Thronfolgestreitereien ihrer beiden ältesten Brüder verwickeln und beteiligte sich in Sansibar an einer Palastrevolution.
Weil sich Salme an der Verschwörung beteiligt hatte, wurde sie von Verwandten und Freunden gemieden. So zog sie aus dem Palast aus und auf eines ihrer drei Landgüter. Dort lernte sie den Hamburger Kaufmann Heinrich Ruethe kennen, der in Sansibar Geschäfte mit Gewürzen und Nelken machte und dessen Haus neben Salmes Landgut lag. Aus Freundschaft wurde bald Liebe. Doch Salme musste wegen ihrer Liebe zu einem Fremden Repressalien erleiden. Deshalb verließ sie 1866 ihre Heimat. Im Haus einer befreundeten Familie in Spanien erhielt Salme christlichen Religionsunterricht, wurde auf den Namen Emily getauft und heiratete Heinrich Ruete.
Das Paar bekam drei Kinder. Ihr jüngstes Kind war gerade drei Monate alt, als Heinrich Ruete beim Abspringen von der Pferdebahn hinfiel, überrollt wurde und starb. Die deutschen Ehegesetze erlaubten der Frau nicht die Selbstverwaltung ihres Erbes. Emily erhielt zwei Vormünder. Durch ihren Übertritt zum Christentum hatte sie nach muslimischen Recht auch die Ansprüche auf ihre heimische Erbschaft verloren. Sie versuchte mit Arabischunterricht Geld zu verdienen, später mit der Veröffentlichung ihrer von ihr auf Deutsch verfassten Memoiren. Sie verkauften sich gut und wurden auch ins Englische übersetzt.
1872 verließ Emily Ruete Hamburg. Zuletzt lebte sie in Jena bei den Schwiegereltern einer ihrer beiden Töchter. Dort starb sie 1924. Ihr Leichnam wurde neben ihrem Mann auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.
Die Hoffnung, ihre Heimat wiederzusehen und sich mit ihrer Familie zu versöhnen, hatte Emily nie aufgegeben. Ihr Gefühl der Heimatlosigkeit beschrieb sie so: "Ich verließ meine Heimat als vollkommene Araberin und als gute Mohammedanerin und was bin ich heute? Eine schlechte Christin und etwas mehr als eine halbe Deutsche."
Kommen wir nun zur Enthüllung des Erinnerungssteins. Annette, darf ich Dich bitten, den Stein zu enthüllen.
Dieser Erinnerungstein ist ganz anders als die anderen. Diesmal ist der Stein zu einer Säule gestaltet worden, auf der Symbole geformt wurden. Die künstlerische Umsetzung erfolgte wie immer durch unser Vereinsmitglied Bert Ullrich Beppler von der Steinmetzfirma Carl Schütt und Sohn.
Auf dem abgeschrägten oberen Teil der Säule befindet sich eine drehbare Steinkugel. Sie soll die Weltkugel darstellen und somit das Thema Migration/Zuwanderung verdeutlichen. Stellvertretend für alle Zuwanderinnen und Zuwanderer gedenken wir damit der Prinzessin von Oman und Sansibar.
Auf der Weltkugel sind rundherum Schmetterlinge eingraviert. Der Schnetterling ist das Symbol der Lebenserneuerung. Seine Flügel erinnern dabei an die Doppelaxt. "In der Bronzezeit war das Doppelaxtbild identisch mit der stundenglasförmigen Göttin des Todes und der Lebenserneuerung. In einer Szene, die sowohl das alljährliche Erwachen der Fruchtbarkeit als auch die befruchteten Wasser symbolisiert, schwingt sich die Göttin in Gestalt des Schmetterlings als Verkörperung des neu entstehenden Lebens aus dem Körper des geopferten Stiers auf. Der Schmetterling repräsentiert also das Prinzip der ewigen Wandlung."
Diese hier auf der Weltkugel abgebildeten Schmetterlinge entsprechen den doppelaxtförmigen Schmetterlingsdarstellungen auf mykenischen Vasen.
Die Doppelaxt ist seit der neuen Frauenbewegung gleichzeitig auch ein Symbol für frauenliebende Frauen, in Erinnerung an den reinen Frauenstaat von Lesbos. Somit verdeutlicht das Symbol der Schmetterlinge das Thema "frauenliebende Frauen". Stellvertretend für alle homosexuellen Frauen und Männer gedenken wir damit an Gunda Werner.
Ich wünsche uns jetzt noch ein angenehmes Beisammensein. An den beschirmten Tischen gibt es Essen und Trinken, aber auch Informationsmaterial über den Garten der Frauen und alle Formalitäten zum Erwerb einer Grabstätte und zum Beitritt in den Verein Garten der Frauen.