Der Garten Rote Rose Die Frauen Rote Rose Der Verein
Rede anlässlich des 10. Geburtstags des Gartens der Frauen
Der Verein Garten der Frauen fing vor zehn Jahren klein an mit drei Gemeinschaftsgrabstellen und 16 historischen Grabsteinen, alles auf einer Fläche von ca. 500 qm. Unterstützung erfuhr der Verein damals durch die Hamburgische Bürgerschaft. Alle Fraktionen, ob nun in der Opposition oder an der Regierung, stimmten für eine Startfinanzierung durch die Umwelt - und Kulturbehörde. Jetzt nach zehn Jahren hat sich der Garten der Frauen verdoppelt. Auf einer Fläche von gut 1.100 qm befinden sich zehn Gemeinschaftsgrabflächen, auf denen 304 Frauen bestattet werden können. Im Moment sind noch 17 Urnenplätze und 4 Sarggrabplätze frei zu vergeben.
Mit 44 historischen Grabsteinen und der Erinnerungsspirale erinnern wir an 78 für uns bedeutende Frauen. Auch in den nächsten Jahren werden weitere historische Grabsteine und ebenso Gedenksteine in den Garten der Frauen aufgestellt werden. Und auch die Mitgliederzahl des Vereins Garten der Frauen hat sich verdoppelt, ach, was sage ich, die Mitgliederzahl hat sich mehrfach verdoppelt. Hatte der Verein im Jahre 2001: 87 Mitglieder, so hat er im Jahr 2011: 304 weibliche und männliche Mitglieder. Weitere Mitglieder sind uns herzlich willkommen. Wer hätte das gedacht. Anfangs wurde das Projekt Garten der Frauen von einigen Teilen der Presse skeptisch beäugt: Wollen da etwa Frauen auch noch nach ihrem Ableben gemeinsam unter Ausschluss der holden Männlichkeit unter sich bleiben? Diese Vorstellung schürte wohl bei einigen Pressevertretern und einem ehemaligen Senator Ängste. Diese scheinen sich im Laufe der Zeit jedoch gelegt zu haben. Und das, was wir von Anfang an mit dem Garten der Frauen vorhatten, ist in den Vordergrund getreten: nämlich das Erinnern an Frauen, die Wichtiges für Hamburg oder auch für die Welt und für uns Nachkommende geleistet haben. Dies ist die Intention und ist das Ziel des Gartens der Frauen, denn nach wie vor werden die Leistungen von Frauen noch immer nicht im demselben Maße gewürdigt wie entsprechende Leistungen von Männern. Erst wenn wir dies erreicht haben, dürfen wir uns alle mit Fug und Recht als gute Demokratinnen und Demokraten bezeichnen, denn erst dann wird der Gleichberechtigungsartikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes umgesetzt.
Durch die Möglichkeit, sich als weibliches Mitglied des Vereins Garten der Frauen zu Lebzeiten sein letztes Plätzchen im Garten der Frauen zu erwerben und natürlich auch durch die Mitgliedsbeiträge und Spenden, können wir es finanziell wuppen, neue historische Grabsteine, Gedenksteine und die metallenen Tafeln, auf denen die Kurzbiographien der Frauen verewigt sind, im Garten der Frauen aufzustellen. Und ebenso ist es uns möglich, ohne dafür staatliche finanzielle Unterstützung in Anspruch nehmen zu müssen, den Garten gärtnerisch - so wie Sie ihn heute erleben - anzulegen und in Schuss zu halten. Dahinter steckt, und das möchte ich an dieser Stelle besonders betonen, viel, viel reine ehrenamtliche Tätigkeit, geleistet von Mitgliedern des Vereins Garten der Frauen, die unermüdlich Unkraut zupfen, pflanzen, wässern - und was noch alles sonst in einem Garten zu tun ist.
Unterstützt werden wir dabei in einer sehr herzlichen Art und Weise von Frau Gärtnermeisterin Bamberg und ihrem Gärtnerteam, Ihnen allen: Danke. Die Bepflanzung des Gartens der Frauen mit teilweise sehr seltenen Pflanzen, mit Pflanzen, die Symbolkraft haben, ist bewusst gewählt, um den Charakter des Gartens als einen Gedenkort zu unterstreichen - auch wenn so mancher meint, den Garten der Frauen als kleines Arboretum sehen zu wollen und sich deshalb kleine Beschilderungen dieser Sträucher und Pflanzen wünscht. Das ist der Garten der Frauen nicht und soll es auch nicht sein. Wir bleiben beim Garten der Frauen als einem Gedenkort! Das Gedenken an für uns wichtige Frauen erfolgt nicht nur über das Aufstellen historischer Grabsteine bedeutender Frauen oder über die Erinnerungsspirale. Auch im historischen Wasserturm an der Cordesallee, in der Nähe zum Garten der Frauen, wird durch jährliche Ausstellungen an Frauen erinnert, die ihren historischen Grabstein oder Gedenkstein im Garten der Frauen haben. Auch hierbei sind Vereinsmitglieder ehrenamtlich tätig, um an den sonntäglichen Öffnungszeiten die Tafel der besonderen Art zu betreiben und auch die Ausstellung vorzubereiten. Auch ihnen an dieser Stelle ein großer Dank.
Aber das Gedenken beschränkt sich nicht nur auf die Damen, deren historische Grab- und Erinnerungssteine wir im Garten der Frauen aufgestellt haben. Für uns sind alle Frauen wichtig, weil jede auf ihre Art Wichtiges im Leben leistet und geleistet hat. Und deshalb gibt es auch für die weiblichen Mitglieder, die sich im Garten der Frauen bestatten lassen, die Möglichkeit, ihre Biographie auf einer Metalltafel verewigen zu lassen.
Gleichzeitig herrscht im Garten der Frauen ein Solidarprinzip, was nur Erfolg haben kann, wenn sich alle gleich ernst und wichtig nehmen. Die lebenden Frauen sorgen für den Erhalt der historischen Grab- und Gedenksteine, sie sorgen außerdem für die Pflege der Grabstätten ihrer verstorbenen Mitvereinsschwestern, die im Garten der Frauen auf den Gemeinschaftsgrabstellen bestattet sind. Und wenn für die Lebenden das Lebensende gekommen ist, dann können sie gewiss sein, dass auch ihre Grabstätten umsorgt werden werden und zwar von ihren dann noch lebenden Mitvereinsschwestern. Solch ein Umgang miteinander befördert auch ein anderes Umgehen mit dem Thema Leben und Tod. Und dies ist ganz bewusst gewollt im Garten der Frauen. Mit seinen historischen Grabsteinen und den Gemeinschaftsgrabflächen und den auf den Metalltafeln verewigten Biographien schlägt der Garten der Frauen eine Brücke zwischen Leben und Tod. Die Gartengestaltung ist deshalb auch so gewählt, dass Besinnung auf die wesentlichen Dinge des Lebens leicht fallen kann.
Der Garten ist ein himmlischer Seelengarten, der Gelassenheit, Heiterkeit und Ruhe ausstrahlt. Damit bietet er auch eine tröstende Grundstimmung, die ebenso Raum lässt für die selbstverständliche schmerzvolle Trauer beim Verlust einen lieben Menschen. Der Garten der Frauen möchte ein Ort sein, an dem miteinander über bereits Verstorbene gesprochen, aber auch miteinander über sich selbst und über das eigene Leben und den Tod geredet werden kann. Dass dies so bleibt, dafür sollten wir alle sorgen und auch dafür Gespür entwickeln, wodurch eventuell dieser Charakter des Gartens der Frauen beschädigt werden könnte. Um hier nur einige Beispiele zu nennen: Es mutet nicht nur sehr befremdlich an, es stört auch in respektloser Weise die Atmosphäre des Gartens der Frauen, wenn mit Fahrrädern durch den Garten und womöglich sogar auch noch auf den schmalen Rindenmulchwegen gefahren wird. Aber auch Familienfeiern oder Feste unter Freundinnen und Freunden, die man gewöhnlicher Weise im Stadtpark oder sonstigen öffentlichen Parkgrünflächen veranstaltet, sollten nicht in den Garten der Frauen verlagert werden - auch wenn der Garten der Frauen noch so sehr dazu einlädt. Er ist und bleibt und soll es auch weiterhin bleiben, ein Ort der Erinnerung, des Gedenkens, an dem spürbar werden soll, dass der Tod nichts endgültiges hat, solange er begleitet wird von einer Weggefährtin, deren Name Erinnerung ist.

Von Dr. Rita Bake