Mennoniten-Friedhof Hamburg-Altona
Annelie Kümpers-Greve, geb. Greve
© kulturkarte.de/schirmer
16.1.1946 Ellerau/Nähe Quickborn - 11.3.2017 Hamburg
Dr. h.c.
Unternehmerin, Mäzenin, Ökumenikerin
Grablage: Feld 12, 590
Annelie Kümpers-Greve wurde 1946 in Ellerau bei Hamburg geboren. Sie ist eine direkte Nachkommin der Mennonitenfamilie Van der Smissen, einer aus Brabant eingewanderten Kaufmannsfamilie [1]. Verheiratet war sie mit dem Unternehmer Rainer Kümpers, der aus einer westfälischen Textilindustriellenfamilie stammt. Das Paar hat drei Töchter. Die Unternehmerin vereinte auch zahlreiche Ehrenämter auf sich. So gehörte Annelie Kümpers-Greve seit 1988 dem Kirchenrat der Hamburger Mennonitengemeinde an [2]. Ihre Eltern sind die Mäzene und Ehrenbürger Hamburgs, Prof. Dr. hc. Hannelore Greve (geb. 1926) und ihr verstorbener Gatte, der Bauunternehmer und
Völkerrechtler sowie seit 1991 Honorarkonsul Ungarns, Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Greve (1922-2016; seine Tochter Eva-Maria folgte ihm in dieses Ehrenamt). Gemeinsam gründeten sie die "Hamburgische Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve", mit deren Mitteln sie in Hamburg Bauprojekte u.a. an der Universität, der Hochschule für Musik und Theater HfMT oder die Elbphilharmonie förderten [3].
In solcher Tradition groß geworden, unterstützte seit 1980 ihre älteste Tochter Annelie Kümpers-Greve "die "Internationale Mennonitische Organisation" (IMO) sowie ein europäisches Hilfswerk mennonitischer Gemeinden mit dem Schwerpunkt Südamerika. Außerdem gehörte sie seit 1995 zu den Gründungsmitgliedern des Hilfswerks "Liebe deinen Nächsten" e.V., eines der Trägerhilfswerke der IMO. Seit 1992 war Annelie Kümpers-Greve Fördermitglied des Mennonitischen Geschichtsvereins und seit 2000 Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Salzburg, innerhalb derer sie besonders den Standpunkt des Täufertums vertrat" [4].
In dieser Konstellation zeichnete sie auch mit verantwortlich für die Jubiläumsausstellung "400 Jahre Mennoniten" im Altonaer Museum 2001 (vgl. Katalog unter Publikationen) und stellte deren Finanzierung sicher (Menno-Kat AM, S.7). Zusammen mit den Kulturhistorikern Dr. Hajo Brandenburg und Dr. Matthias H. Rauert gestaltete sie Ausstellung und Katalog. Dazu schrieb die Kulturjournalistin Isabelle Hofmann im Juni 2001: " Paul-Roosen-Straße , De-Voß-Straße , Große Freiheit . Man kennt diese Hamburger Straßennamen. Und manch einer weiß vielleicht, dass Roosen und de Voß berühmte Reeder und Bierbrauer waren und die Große Freiheit ihren Namen trägt, weil Kaufleute im 17. Jahrhundert dort Gewerbefreiheit hatten. Doch welches Schicksal die Straßennamen mit einander verbindet, weiß sicher kaum jemand. Roosen und de Voß gehörten, wie auch die Linnichs und Van der Smissens, zu den ältesten Mennonitenfamilien in Hamburg. Eine Glaubensgemeinschaft, die auf den Niederländer Menno Simons zurückgeht und die auf der Flucht vor Verfolgung durch Herzog Alba in Norddeutschland eine neue Heimat fand. In Altona erhielten die Mennoniten schon 1601 religiöse und wirtschaftliche Freiheiten. (...) Das Begrüßungskomitee in der stadtgeschichtlichen Abteilung besteht aus einer ländlich-altmodisch gekleideten Puppenfamilie. Es sind zeitgenössische Trachten der Amish-People und Hutterer, ebenfalls in der Reformationszeit entstandene Glaubensgemeinschaften, die heute in Amerika und Kanada leben. Doch anders als diese technikfeindlichen Glaubensbrüder waren die europäischen Mennoniten, die sich durch ein fundamentales Demokratieverständnis, Erwachsenentaufe und bedingungslosen Pazifismus auszeichnen, fortschrittliche und wirtschaftlich orientierte Geister. Ihren ökonomischen Aufstieg im 18. Jahrhundert verdanken sie einer gelungenen Gratwanderung zwischen Assimilation und Isolation.
Für die Gemeinde, die an der Elbe durch vielfach verflochtene Familienbande eng zusammenhielt, war Reichtum die einzige Möglichkeit, Macht und Einfluss in der Stadt zu gewinnen. Wie gut ihnen das gelungen ist, zeigt die Ausstellung anhand zahlreicher Exponate aus allen Lebensbereichen: Schriften, Stiche, Schiffsmodelle, Seekarten, Landschaften, Stillleben, Möbel und Silber zeugen von der Blütezeit der Täufer. Heute zählt die Mennonitenkirche (...) nur noch 468 Gemeindemitglieder, unter denen die im Zweiten Weltkrieg aus Westpreußen Vertriebenen die Mehrheit bilden.
Mit dieser Ausstellung führt das Altonaer Museum einmal mehr die Weltoffenheit und Toleranz des historischen Altona vor Augen. Eine Offenheit fremden Minderheiten gegenüber, die nichts an ihrem Vorbildcharakter verloren hat." [5].
In Ihrem Gedenken schrieb das Hamburger Abendblatt in der Ausgabe vom 15. März 2017 unter der Überschrift: "Mäzenin Annelie Kümpers-Greve aus Blankenese ist tot. Erst verstarb ihr Mann, nun muss Hamburgs Ehrenbürgerin Hannelore Greve ihre Tochter zu Grabe tragen. Denn am Sonnabend ist Annelie Kümpers-Greve im Alter von 71 Jahren nach langer und schwerer Krankheit im Altonaer Krankenhaus verstorben. Helmut Paul Greve starb 2016.
Wie ihr Vater engagierte sich Kümpers-Greve für ihre Heimatstadt Hamburg als Mäzenin. Unter anderem setzte sie sich für die Schaffung einer Stelle an der Universität Hamburg zur Erforschung einer Theologie der Friedenskirchen [6] ein. Seit 2006 gibt es die Stelle, die die ersten fünf Jahre von der Greve-Stiftung finanziert wurde. Zudem initiierte sie die Falkensteiner Gespräche am Hamburger Friedensinstitut.
In Blankenese lebte die Unternehmertochter, die selbst im Immobiliensektor tätig war. Von Wegbegleitern wird sie als bodenständig, geradlinig und tapfer beschrieben. Kümpers-Greve hinterlässt ihren Mann Rainer, mit dem sie seit mehr als 50 Jahren verheiratet war, ihre drei Kinder und sechs Enkelkinder. Beigesetzt wird sie auf dem Mennoniten-Friedhof in Bahrenfeld gegenüber vom Grab ihres Vaters. Beide waren Mitglieder der Altonaer Freikirche." (Autor_in mit Kürzel "krk").
Viel über ihr Lebenswerk und ihr Wesen sagte auch diese Traueranzeige aus dem Hamburger Abendblatt vom 18. März 2017: "Sie ist aufgebrochen, hat Menschen eingeladen, mitgenommen auf ihren ganz eigenen Weg - auf einen gemeinsamen Weg, der alle mitriss, etwas Großartiges schaffen zu wollen". Wir verneigen uns in tiefer Trauer gegenüber einer Unternehmerin und Visionärin, die nun im Alter von 71 Jahren von uns gegangen ist. Frau Dr. h.c. Annelie Ku?mpers-Greve, unsere Senior-Chefin, hat mit Weitblick, großem sozialen Engagement und Leidenschaft die Lebensqualität von Seniorinnen und Senioren verbessert. Sie hat die Entwicklung neuer Wohnformen in der Seniorenbetreuung seit nunmehr fast 40 Jahren in Hamburg vorangetrieben und umgesetzt - u.a. in den Anfangsjahren mit dem Haus Annelie. später mit der Parkresidenz Poppenbu?ttel und nun seit 1998 mit dem Service-Wohnen im FORUM Alstertal. Zusammen mit ihrem Mann hat Frau Dr. h.c. Annelie Kümpers-Greve darüber hinaus aber auch viele weitere innovative Immobilienprojekte entwickelt und umgesetzt. Wir haben sie als kluge und kämpferische Frau kennen- und vor allem schätzen gelernt, die sich immer auch für die Gleichstellung der Frau einsetzte. Ihr langjähriger Kampf gegen ihre Erkrankung und ihre positive Lebenseinstellung werden für uns immer Vorbild, Triebfeder und Motivation zugleich sein.
In Dankbarkeit verabschieden wir uns mit diesem letzten stillen Gruß von einer großartigen Frau und Chefin und drücken hiermit sogleich unser tief empfundenes Mitgefühl gegenüber der gesamten Familie aus. In Trauer, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FORUM Alstertal Betreuungsservice und Veranstaltungszentrum GmbH, VHH Verwaltung Hamburgischen Hausbesitzes GmbH & Co. Erste KG, GETUMA Vermietungs- und Hausverwaltungs-GmbH".

Publikationen:
- Rauert, Matthias H. und Kümpers-Greve, Annelie: Van der Smissen. Eine mennonitische Familie vor dem Hintergrund der Geschichte Altonas und Schleswig-Holsteins. Hamburg 1992.
- 400 Jahre Mennoniten zu Altona und Hamburg. Hg. v., Hajo Brandenburg im Auftrag der Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona. Begleitheft zur Ausstellung. Ausstellung: Annelie Kümpers-Greve, Matthias H. Rauert, Thomas Schamp, Altonaer Museum, Hamburg 2001. Mitarbeit: Silvia Jodat, Hajo Brandenburg (verantwortlich), Astrid und Ulrich von Beckerath, Peter J. Foth, Elisabeth Harding, Sebastian Harms, Sylvia Jodath, Sandra Maurel, Martje Postma, Ascan Roosen und Schiemann Harms Medien = Menno-Kat. AM
Text: Dr. Cornelia Göksu

Quellen und Anmerkungen:
1 Hinrich I. van der Smissen (1662 Glückstadt - 1737 Altona) hatte es als Bäcker, Transport-Unternehmer, Investor und Bauunternehmer, als Gründer eines der größten Handelshäuser Altonas, zu bedeutendem Ansehen und Wohlstand gebracht. Er galt als Wiedererbauer Altonas nach der Zerstörung in den Schwedenkriegen 1713. Hinrich I. van der Smissen war verheiratet mit Marie de Voß (1674-1732); vgl. die Straßennamen Van-der-Smissen-Straße und De-Voß-Straße (1674-1732) (vgl. gameo.org/index.php?title=Smissen,_Hinrich_I_van_der_%281662-1737%29).
2 Die Bezeichnung Mennoniten bezieht sich auf den Gründer der Bewegung, den Holländer Menno Simons (1496 Wirmarsum/Friesland/NL - 1561 Wüstenfelde bei Bad Oldesloe, dort auch Museum Mennokate). Der Bauernsohn Menno Simons war zunächst Priester und Vikar. Ab 1536 schloss er sich der friedlichen Täuferbewegung aktiv an und wurde als solcher verfolgt. Vielfältige Reisen führten ihn in den niederländischen und norddeutschen Raum. Er fand Anhänger in Köln und schließlich auf dem zu Oldesloe gehörenden Gut Fresenburg Zuflucht. "Etwas generalisierend" könnte man die Täufer, Frauen, Männer, Familien "als die "Radikalen" des 16. Jahrhunderts bezeichnen, und es flossen in diese Protest- und Erneuerungsbewegung auch soziale Aspekte und generell die aufkommende Vorstellung von der Mündigkeit des Einzelnen ein. Historiker haben als Triebfeder hinter den täuferischen Reformvorstellungen einen starken "antiklerikalen Impuls" (Hans-Jürgen Goertz) ausgemacht, der auch vor der Vorstellung einer Unabhängigkeit der christlichen Gemeinde von staatlicher Obrigkeit nicht zurückschreckte. Dieses Konzept einer (modern gesprochen)‚ "Trennung von Staat und Kirche" war für die große Mehrheit der damals lebenden Menschen und vor allem für alle herrschenden Obrigkeiten unakzeptabel, unabhängig davon, welcher Vorstellung von kirchlichem Leben sie ansonsten anhingen. Daher ist aus historischem Abstand verständlich, dass das Täufertum (...) von den Herrschenden als Bedrohung, ja als Gotteslästerung empfunden und überall aufs Schärfste verfolgt wurde. Es haben sich nur Nachfahren der sogenannten "Schweizer Brüder" und der Anhänger Menno Simons" (daher im weiteren Verlauf für alle diese Gruppen der kollektive Name "Mennoniten") sowie die Gruppe der sogenannten "Hutterer" erhalten, die alle eine strikt gewaltlose Haltung als für Christen unabdingbar ansahen. Die Hutterer haben darüber hinaus einen christlich begründeten Kommunismus etabliert und diese Lebensform bis in die Gegenwart durchgehalten. Diese Gruppen konnten nur durch Rückzug und durch eine Wendung "nach innen", zu einer "Theologie der Weltverneinung" in solchen Gebieten überleben, meist am Rande damals besiedelter Gebiete, wo die Obrigkeiten sie als inzwischen ungefährliche, aber fleißige Arbeiter schätzten. Daher bekam die ursprünglich überwiegend in den Städten beheimatete täuferische Bewegung einen weitgehend ländlichen Charakter; nur in den Niederlanden und in einigen Städten Norddeutschlands wie etwa Emden, Hamburg, Lübeck oder Danzig konnten sich Mennoniten auch in handwerklichen oder kaufmännischen Berufen halten und Gemeinden bilden" (Quelle: mennoniten.de/geschichte; abgerufen März 2017 CG).
3 de.wikipedia.org/wiki/Hannelore_Greve und de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Greve
4 www.in-cultura.com/autoren-herausgeber/kümpers-greve-annelie
5 Isabell Hofmann: 400 Jahre Mennoniten In Hamburg. Ausstellung im Altonaer Museum - Durchaus fortschrittliche Geister. In: Hamburger Morgenpost v.7.6.2001; LINK: mopo.de/400-jahre-mennoniten-in-hamburg
6 Gemeint ist die "Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen" am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg, mennoniten.de/atf-hamburg
Zum Stichwort Friedenskirchen: In den mennonitischen Gemeinden war die selbstgewählte und bewusste Entscheidung zur Nachfolge Jesu Christi entscheidend wichtig. Dies schließt ein, sich am Leben Jesu in der eigenen Lebensgestaltung auszurichten. Der Bergpredigt (Matthäus 5-7) kommt dabei von Anfang an eine herausragende Bedeutung zu: Frieden zu stiften und von Gewalt befreit zu leben gilt daher früh als Identifikationsmerkmal. In der Verweigerung des Kriegsdienstes meinten staatliche wie kirchliche Autoritäten den Verrat und die Illoyalität zu erkennen, die es auszumerzen galt.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts werden mennonitische Gemeinden als "historische Friedenskirchen" bezeichnet. Sie lehnen in weiten Teilen den Kriegsdienst ab und erinnern sich an ihre Glaubensvorfahren, die in den vergangenen Jahrhunderten so oft in Regionen auswichen, wo ihnen das Recht, den Dienst an der Waffe nicht übernehmen zu müssen, als Privileg zugesichert wurde. Zum Ende des 19. Jahrhunderts und dann im Ersten und Zweiten Weltkrieg war in den deutschen Mennonitengemeinden die Verweigerung des Kriegsdienstes allerdings weitgehend aufgegeben worden. Schon zu Beginn des Dritten Reiches hatte sich die "Vereinigung der deutschen Mennonitengemeinden" in ihrer Verfassung vom Prinzip der Wehrlosigkeit gelöst. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann unter dem Einfluss nordamerikanischer Mennoniten (vor allem Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistender) ein Bewusstsein zu wachsen, sich wieder verstärkt für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung mitten in der Gesellschaft einzusetzen und die Haltung der Gewaltfreiheit in den Beratungen ökumenischer Organisationen zu vertreten. Auf mennonitische Initiative ging die Anregung zurück, in den Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen eine "Dekade zur Überwindung von Gewalt" (2001 bis 2010) auszurufen und die Diskussionen um einen aktiven, zivilen Friedensdienst weltweit zu beleben" = Zitat aus Absatz zu "Friedenskirchen" auf mennoniten.de/ueber-mennoniten---ausstellung-im-altonaer-museum-durchaus-fortschrittliche-geister-22871766; abgerufen März 2017 CG.
Friedhof Holstenkamp in Hamburg-Bahrenfeld

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Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F046121-0033, https://de.wikipedia.org/wiki/Louise_Schroeder
Louise Schroeder
2.4.1887 Altona - 4.6.1957 Berlin
Bürgermeisterin von Berlin, Präsidentin des Deutschen Städtetages, Stadtverordnete in Altona
Grablage: F 10-31/32
Namensgeberin für: Louise-Schroeder-Straße, benannt 1960 in Altona
1910 trat Louise Schroeder der SPD bei und wurde schon bald als glänzende Diskussions- und Versammlungsrednerin geschätzt. 1916 erhilet sie einen Sitz im Vorstand der Altonaer SPD. Von 1919 bis 1933 fungierte sie als Stadtverordnete in Altona. Zwischen 1919 und 1920 war sie Mitglied der Deutschen Nationalversammlung in Weimar. 1919 wurde sie Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt. Von 1920 bis 1933 war sie Mitglied des Deutschen Reichstags, von 1946 bis 1951 Bürgermeisterin und Stellvertreterin des Oberbürgermeisters von Berlin, von 1947 bis 1948 amtierende Oberbürgermeisterin von Berlin, von 1951 bis 1952 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin und von 1949 bis zu ihrem Tod im Jahre 1957 Mitglied des Deutschen Bundestages.
Louise Schroeder entstammte einer Proletarierfamilie - der Vater war Bauarbeiter und Funktionär in der Sozialdemokratischen Partei. Louise Schroeder besuchte bis zu ihrem 14. Lebensjahr die Mittelschule in Altona, ging dann anderthalb Jahre zur Gewerbeschule für Mädchen in Hamburg. Sie wurde Büroangestellte, später war sie 16 Jahre lang Privatsekretärin einer großen Versicherungsfirma. 1919 gehörte sie in Weimar zu den ersten 41 weiblichen Abgeordneten der Verfassung gebenden Nationalversammlung. Ihr Arbeitsgebiet war die Sozialpolitik. Ehrenamtlich engagierte sie
sich bis März 1925 als Vorsteherin des Pflegeamtes Altona. Am 23. März 1933 verweigerte sie ihre Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz. Die Folgen waren: Verbot des politischen Wirkens, unter Polizeiaufsicht gestellt, tägliche Meldepflicht auf dem Revier, keine Arbeitslosenunterstützung.
Louise Schroeder zog daraufhin von Altona nach Hamburg, versuchte, sich dort eine bescheidene Existenz mit einem Bäckerladen aufzubauen. Aber auch dort war sie Schikanen, Verhören und Verhaftungen ausgesetzt. 1938 suchte sie in Berlin Zuflucht. Hier mietete sie sich eine Hinterhofwohnung, wurde arbeitslos, arbeitete später als Sekretärin und dann als Sozialbetreuerin in einem Bauunternehmen. Gleich nach Kriegsende wurde sie wieder politisch für die SPD aktiv und sogleich in den Vorstand der Berliner SPD und 1946 in die Stadtverordnetenversammlung von Berlin gewählt. Im Dezember 1946 wurde sie Bürgermeisterin und 3. Stellvertreterin des Oberbürgermeisters von Berlin, Dr. Ostrowski. Nachdem dieser im Mai 1947 zurückgetreten war, wurde Louise Schroeder stellvertretende Oberbürgermeisterin. Als im Juni 1947 die Stadtverordnetenversammlung den SPD-Politiker Ernst Reuter zum Oberbürgermeister wählte, versagten die Sowjets dieser Wahl ihre Zustimmung. Louise Schroeder blieb also weiterhin Regierungsoberhaupt. "In dieser Stellung ist sie dann im Jahre 1948 in den Tagen der internationalen Hochspannung im Zeichen der ,Blockade Berlins" weltbekannt geworden, als ihr infolge der Mitte August 1948 auf russisches Verlangen erfolgten Ablehnung des zum Oberbürgermeister gewählten Prof. Ernst Reuter durch die Alliierten die alleinige Verantwortung zufiel. Nach der abermaligen Wahl Reuters zum Oberbürgermeister Anfang Dezember 1948 fungierte sie als amtierende Oberbürgermeisterin weiter, legte dann aber ihre Berliner Ämter Mitte September 1949 nieder, nachdem sie als Vertreterin Berlins in den Deutschen Bundestag gewählt worden war. Ihm gehörte sie bis zu ihrem Tod an. Der Stadtrat von Paris verlieh Louise Schroeder Mitte Juni 1949 die Plakette der Stadt Paris. Sie gehörte auch im gleichen Jahr der deutschen Delegation des Vorbereitenden Europarates in Brüssel an und war bis Januar 1957 im Europarat in Straßburg als deutsches Mitglied tätig." (Ruth Schüler zum 10. Todestag Louise Schroeders. In: Die Jarrestadt, Kommunales Mitteilungsblatt der SPD, Juni 1967.) Louise Schroeder erhielt das Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband und als erste Frau in der Geschichte Berlins deren Ehrenbürgerwürde. Ihr Engagement galt besonders den Frauen. Sie stritt für eine Liberalisierung des Pharagraphen 218, für die soziale Besserstellung lediger Mütter, Landfrauen etc. und war Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holsteins.
Text: Rita Bake
Friedhof der Christianskirche Hamburg Ottensen
Therese Halle, geb. Heine


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17.12.1807 Hamburg - 22.4.1880 Baden-Baden
Kunstsammlerin und Stifterin
Bestattet auf dem Friedhof der Christianskirche, nördlich hinter der Kirche in Hamburg Ottensen
Gegenüber dem Museum für Hamburgische Geschichte steht das Heine'sche Wohnstift, dem Bruchsaler Schloss nachempfunden. So ist denn auch der Vorgarten wie ein kleiner Schlossgarten des 18. Jahrhunderts angelegt, in den man durch ein großes Gittertor gelangt. Vor dem Haus braust der Verkehr ohne Unterlass, und so haftet dieser Idylle etwas leicht Unwirkliches an.
1866 richtete Therese Halle, Tochter des Bankiers Salomon Heine und seiner Frau Betti, Cousine des Dichters Heinrich Heine, zum Gedenken an ihre verstorbenen Eltern im ehemaligen elterlichen Wohnhaus am Jungfernstieg 34 das Heine'sche Asyl ein. Es war ein Wohnstift mit Freiwohnungen für 45 hilfsbedürftige ältere Frauen, die von "einwandfreiem Ruf" sein mussten. Verheiratet war Therese Halle, die der Bankiersfamilie Heine entstammte und in die auch ihr Cousin, der Dichter Heinrich Heine, verliebt gewesen war, mit dem Juristen und Präsidenten des Hamburger Handelsgerichts Adolph Halle (1798-1866) Er war wohl auch der Wunschkandidat ihres Vaters Salomon Heine - und nicht der "missratene" Neffe Heinrich Heine. Das Ehepaar blieb kinderlos.
Über Therese Haller hat die Historikerin Sylvia Steckmest einen beachtenswerten Aufsatz verfasst, der auf einen Vortrag
basiert, den sie 2016 zum 20jährigen Bestehen der Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie hielt. 1). Sylvia Steckmest schreibt über die Hochzeit: "Therese ließ sich im März 1828 in der Nicolaikirche taufen, nachdem der Bräutigam sich bereits im Alter von 18 Jahren hatte taufen lassen. Inzwischen war er 30 Jahre alt. Die Hochzeit fand am 15. Mai 1828 in der Petrikirche statt. Als Hochzeitsgeschenk erhielt das Paar vom Onkel des Bräutigams, Hartwig Hesse, dem Kunstsammler, ein Haus in der ABC-Straße, (…). Auf dem großen Grundstück am Elbhang in Ottensen ließ Salomon für seine Tochter und ihren Gatten bald nach der Hochzeit eine neue Villa bauen, dicht neben der eigenen. Dieses Gebäude wurde vermutlich von Joseph Ramée entworfen und steht mit der schmalen Front zur Elbe. Inzwischen renoviert, wird es zu Luxus-Appartements umgebaut, (…)." 2). Als Salomon Heine starb, erbte Therese neben einer großen Summe Bargelds auch das Haus am Jungfernstieg 34, (an seinen Standort erinnert heute die Aufschrift "Heine Haus" am sich dort befindenden Haus). Es war beim Großen Brand auf Hamburg zerstört und kurz danach wiederaufgebaut worden. Thereses Halle, die mit ihrem Mann nach Dresden gezogen war, wo ihr Mann, der an einer psychischen Erkrankung litt, 1866 starb, ließ nach dem Tod ihres Mannes das bereits oben beschriebene Heine'sche Asyl "für ‚unbescholtene alleinstehende und mittellose Witwen und Jungfrauen ab 50 Jahren (…) gründen. (…) Außer einer Freiwohnung erhielt jede Dame eine Geldunterstützung von 120 Courant Mark jährlich, dazu Heizmaterial, Beleuchtung und ärztliche Versorgung sowie freie Medikamente (…). Im Herbst wurde den Bewohnerinnen Obst aus dem Garten an der Elbe zum Jungfernstieg gebracht. Therese übernahm die Auszahlungen an ihre Asylbewohnerinnen selbst, um sich nach dem Befinden ihrer Schützlinge zu erkundigen. Sehr Bedürftige, besonders solche Bewohnerinnen, die früher in Diensten der Stifterin gestanden hatten, erhielten von ihr zusätzlich eine wöchentliche Unterstützung. Es lebten dort überwiegend christliche Frauen, aber auch einige Jüdinnen."3) In dem Stift wohnte auch Louise Fröbel, die Witwe von Friedrich Fröbel. 4)
1901 wurde das Haus abgerissen und als "Heine'sches Wohnstift" für ca. 100 ältere Frauen am Holstenwall 18 neu errichtet. Im Eingangsbereich ist der Stifterin mit dem 1872 gefertigten Marmorrelief des Bildhauers Heinrich Möller ein Denkmal gesetzt worden. Dort ist sie in der Mitte als junges Mädchen zu betrachten, wie sie den armen und alten Frauen hilft. Küchen- und Stubenmädchen rechts und links von ihr am Bildrand sind mit ihren Arbeiten beschäftigt.
Im Treppenhaus hängt auch eine restaurierte Marmortafel, auf der an die Gründung des Stiftes erinnert wird, das 1939 "arisiert" wurde. Heute ist das modernisierte Stift mit 48 Ein- und Zweizimmerwohnungen für ältere Damen, Herren und Ehepaare ausgestattet.
Therese Halle vermachte der Hamburger Kunsthalle 48 Gemälde und zwei Skulpturen. Viele von ihnen kaufte sie auf ihren Reisen durch Deutschland und Europa. Trotzdem wurde sie nicht in der Kunsthalle "verewigt", dieses Privileg erhielt nur ihr Mann. 2008 widmete die Kunsthalle dieser Sammlerin schließlich eine Ausstellung. 5)

Literatur:
1) Sylvia Steckmest: Drei Stifter für Hamburg. Salomon Heine und das Israelitische Krankenhaus - Carl Heine und die Kunsthalle -Therese Halle geb. Heine und das Wohnstift, in: Liskor - Erinnern. Jahrgang, September 2016, Magazin der Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V., S. 14-21.
2) Sylvia Steckmest, a. a. O., S. 15.
3) Sylvia Steckmest, a. a. O., S. 18.
4) vgl ebenda.
5) Vgl.: Hamburger Kunsthalle: Therese Halle, geb. Heine. Eine Hamburger Sammlerin und Stifterin, unter: www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/therese-halle-geb-heine

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Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Margareta_Klopstock
Meta (Margareta) Klopstock, geb. Moller
16.3.1728 Hamburg - 28.11.1758 Hamburg
Schriftstellerin, Ehefrau des Dichters Gottlieb Klopstock
Grablage:
Seit 2001 Namens-Mitgeberin für die 1846 nur nach Friedrich Gottlieb benannte Klopstockstraße in Hamburg-Ottensen
Meta Moller war eine Tochter aus "gutem Haus". Ihr Vater, ein Kaufmann, starb, als Meta acht Jahre alt war. Die Mutter heiratete ein zweites Mal. Doch das Verhältnis zu dem Stiefvater war so schlecht, dass Meta zu ihrer Schwester Elisabeth Schmidt zog.
Meta Moller war "eine sprachenkundige und literarisch interessierte junge Frau, die im Kreise von Hagedorn verkehrte und eine Reihe der Mitarbeiter der "Bremer Beiträge" auch persönlich kannte. Für die 1744 gegründeten "Neuen Beyträge zum Vergnügen des Verstandes und Witzes", die wegen ihres Erscheinungsortes kurz die "Bremer Beiträge" genannt wurden, war Klopstock eine Zentralfigur, zumal seitdem er dort 1748 die ersten drei Gesänge des "Messias" veröffentlicht hatte. Um dieses Zentralgestirn herum kreisten Namen wie Nikolaus Dietrich Giseke, Karl Christian Gärtner oder Johann Andreas Cramer, mit denen Meta Moller in Kontakt war.
Eben jene ersten drei Gesänge des "Messias" aber sollten der jungen 23jährigen Frau gewissermaßen zum Schicksal werden. Von einer Schwester Metas ist ein Bericht erhalten, der auf eindrückliche Weise die Vorgeschichte ihrer Begegnung mit Klopstock darstellt.
Elisabeth Schmidt, so der Name der Schwester, hält im Rückblick eine Geschichte fest, die uns auch einen Eindruck in gelegentlich seltsame Zugangswege von Frauen zur Literatur verschaffen kann: "Meta hat den Messias dadurch zuerst kennen lernen, daß sie etwas von den 3 ersten Gesängen, in Papillotten (Haarwickler) zerschnitten auf der Toilette einer ihrer Freundinnen gefunden, welches sie zusammen geklebt, und mit großem Beyfall gelesen; Giseke vielem Feuer gefragt: Ist mehr von diesen (!) göttlichen Gedicht zu haben und wo? Und wer ist der Verfasser. Gisekens Antwort war: Es sind erst 3 Gesänge heraus in den Beyträgen ich will sie mitbringen; und der Verfasser heißt Klopstock - ja wen sie den kennen lernten, so würde ich ganz ausgethan das wäre ganz der Freund für die Mollern (...)." (F. u. H. Tiemann (Hrsg.): Meta Klopstocks Briefwechsel 1980, S. 15.)
Giseke vermittelte auch die Begegnung, nach der Meta verlangte. Bei seinem nächsten Zusammentreffen mit Klopstock in Braunschweig sagte er: "Höre Klopstock du must in Hamburg: ein Mädchen besuchen die heist Mollern. Ich gehe nicht nach Hamburg: um Mädchen zu sehen, nur Hagedorn will ich sehen; ach Klopstock das Mädchen must du sehen daß ist so ein ganz ander Mädchen als andere, sie ließt den Messias mit Entzücken, sie kent dich schon, sie erwartet dich, nun noch lang und breit Meta beschrieben Klopstock: geräth dabey in tiefes Nachsinnen." (Ebenda, S. 13.)
Über ihre erste Begegnung mit Klopstock im April 1751 schrieb Meta: "Nun mache ich die Thür auf, nun sehe ich ihn - Ja hier mußte ich Empfindungen malen können. - Ich hatte schon so viele Fremde gesehen, aber niemals hatte ich einen solchen Schrecken, einen solchen Schauer empfunden. Auch hatte gar nicht die Meynung, daß ein ernsthafter Dichter finster und mürrisch aussehen, schlecht gekleidet seyn und keine Manieren haben müsse aber ich stellte mir doch auch nicht vor daß der Verfasser des Messias so süß aussehe, und so bis zur Vollkommenheit schön wäre (Denn das ist Klopstock in meinen Augen, ich kanns nicht helfen, daß ichs sage)." (Ebenda, S. 9.)
Nach dieser Begegnung fuhr Klopstock nach Kopenhagen, wohin ihn der dänische König Friedrich V. eingeladen hatte, um dort den "Messias zu vollenden". Dafür erhielt Klopstock eine Pension von 400 Reichstalern.
Im Sommer 1752 verlobten sich Meta Moller und Klopstock, allerdings gegen den Willen von Metas Familie. Zwei Jahre später fand die Hochzeit statt. Das Paar zog nach Dänemark, wo es in Lyngby bei Kopenhagen lebte.
Meta unterstützte ihren Mann bei seiner schriftstellerischen Tätigkeit, war seine erste Kritikerin. Da sie mehrere Sprachen sprach, vermittelte sie ihm auch englische Literatur. Selbst war auch sie schriftstellerisch tätig. Ihre Briefe sind später veröffentlicht worden. So schrieb sie z. B. das Drama "Abels Tod".
Als Meta, die bereits zwei Fehlgeburten durchlitten hatte, erneut schwanger wurde, zog sie nach Hamburg, um dort zu entbinden. Sie starb 1758 nach der Entbindung ihres ersten Kindes, das tot geboren wurde. Beide wurden auf dem Kirchhof von Ottensen an der Christianskirche beerdigt. Das Grab befindet sich heute noch dort.
Text: Dr. Rita Bake
Quellen:
F. u. H. Tiemann (Hrsg.): Meta Klopstocks Briefwechsel 1980.
Hamburgische Biografie: Personenlexikon. Hrsg. von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke. Bd. 1. Hamburg 2001 - hier Autor: Horst Gronemeyer.
Johanna Elisabeth Klopstock, verwitwete von Winthem, geb. Dimpfel
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Quelle: https://www.sub.uni-hamburg.de/sammlungen/nachlass-und-autographensammlung/klopstock-arbeitsstelle/leben-und-werk/winthem.html
26.7.1747 Hamburg - 19.1.1821 Hamburg
Sängerin, Ehefrau von Friedrich Gottlieb Klopstock
Grablage:
Johanna war die Tochter des Hamburger Kaufmanns Johann Heinrich Dimpfel und der Hamburger Kaufmannstochter Catharina Margaretha Moller und die Nichte von Meta Klopstock, geb. Moller.
1765, im Alter von 18 Jahren heiratete Johanna den neun Jahre älteren Hamburger Kaufmann Johann Martin von Winthem. 24 Jahre später, 1789, wurde Johanna im Alter von 42 Jahren Witwe. Zwei Jahre später, am 30.10.1791 heiratete sie den 23 Jahre älteren Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock, der 1758 Witwer geworden war.
Der Tod Metas war für Klopstock eine Katastrophe gewesen, an dem er noch Jahre zu tragen hatte. "Das Gefühl für Meta blieb in Klopstock, auch nach ihrem Tod offensichtlich unvermindert lebendig, sie blieb der Maßstab für eine neue Beziehung. Die Überlieferungen geben Auskunft, dass er diese neue Beziehung gesucht hat, sie ihm aber nicht gelungen ist." (Heidi Ritter: Klopstocks (Ver)Bindungen zu Frauen, in: Klopstocks (Ver) Bindungen zu Frauen "... wenn man von liebenswürdigen Leserinnen verehrt wird." Sonderausstellung im Klopstockhaus Quedlinburg vom 14. März 2003 bis 31. Dezember 2003. Hrsg. Städtisches Museum Quedlinburg. Quedlinburg 2003, S. 12. (Bd. VII: Schriftenreihe des Klopstockhauses.)
Klopstock kannte Johanna Elisabeth seit ihrer Kindheit im Alter von fünf Jahren. 1770 war er zu ihr und ihrem Mann gezogen. Johanna war damals Mitte zwanzig, Mutter von vier Kindern, und führte einen aufwendigen Lebensstil. Als Johann Winthem 1773 Bankrott machte, fühlte sich Klopstock verpflichtet, seiner Nichte mit Rat
und Tat zur Seite zu stehen. Er teilte mit ihr sein Geld und zog auch mit der Familie, die sich nun räumlich verkleinern musste, in die Königstraße (heute Poststraße in der Hamburger Innenstadt). Hier war Klopstock der eigentliche Hausherr (die Ehe der von Winthem"s verlief nicht glücklich). Er empfing viele Besuche, und hier wurde seine legendäre Lesegesellschaft (Klopstock-Büsch"sche Lesegesellschaft) abgehalten, die er kurz nach seiner Ankunft in Hamburg 1770 gegründet hatte. Johanna von Winthem stand an der Spitze dieses schöngeistigen Kreises. Sie und ihre älteste Tochter Meta wurden die Sängerinnen der Klopstock Oden, die die Hamburgerin Luise Reichardt in Musik umgesetzt hatte.
Klopstock widmete der damals 23-jährigen Johanna von Winthem das Lied "Ich bin ein deutsches Mädchen". Beide übersetzten es auch ins Plattdeutsche.
Johanna besuchte mit Klopstock auch die Hamburger Gesellschaften und übernahm seine Korrespondenz.
Nachdem Johannas Mann 1789 gestorben war, wartete Klopstock noch zwei Jahre, bis er 1791 im Alter von 67 Jahren seine "Windeme", wie er Johanna zärtlich nannte, heiratete. Sie und ihre Tochter Meta wurden Klopstocks treueste Pflegerinnen, als er in seinen letzten Lebensjahren zunehmend an Kraft verlor und von Fieberschüben geplagt wurde.
Johanna Klopstock überlebte ihren zweiten Mann um achtzehn Jahre. Sie starb am 19. Januar 1821 und wurde neben Klopstock beigesetzt. Auf ihrem Grabstein steht: "Klopstocks zweite Gattin Johanna Elisabeth - Seine geliebte Gefährtin und Trösterin auf dem letzten Lebenswege. Metas Liebling. An Herz und Geist ihr ähnlich."
Quellen:
- Gisela Jaacks: Gesichter und Persönlichkeiten. Die Hamburger im Bildnis. Katalog, Hamburg 1992.
- Klopstock-Arbeitsstelle an der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, vgl.: www.sub.uni-hamburg.de/sammlungen/nachlass-und-autographensammlung/klopstock-arbeitsstelle/leben-und-werk/winthem.html
- Schönes Porträtgemälde unter: de.wikipedia.org/wiki/Datei:Johanna_Elisabeth_von_Winthem.jpg
- Foto des historischen Grabmals, dem sog. Klopstock-Denkmal, an der Christianskirche, Hamburg-Altona, unter:
http://grabsteine.genealogy.net/tomb.php?cem=2526&tomb=290&b=a
Friedhof Bornkamp

Photo: Staatsarchiv Hamburg
Olga Essig
15.7.1884 Bromberg-14.12.1965 Hamburg
Berufsschul-Pädagogin, Frauenrechtlerin
Grabstelle aufgelöst
Olga Essig stammte aus einer jüdischen Familie, die auf einem Bauernhof in Bromberg lebte. Olga Essig hatte sechs Geschwister und die Eltern konnten es sich finanziell nicht leisten, ihrer Tochter eine höhere Schulbildung zu ermöglichen. Gleich nach dem Abschluss der Volksschule musste Olga Essig einen Beruf ergreifen. Doch sie war sehr ehrgeizig und wollte weiter lernen. Deshalb nahm sie neben ihrer Tätigkeit als Kontoristin noch Privatunterricht, um das Abitur machen zu können. Nachdem sie dies geschafft hatte, wurde sie 1908 Lehrerin an der staatlichen kaufmännischen Fortbildungsschule in
Bromberg. Doch auch damit gab sie sich nicht zufrieden. 1914 machte sie ihre Diplom-Handelslehrerprüfung und eine Zusatzprüfung in Technologie. Dann studierte sie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Pädagogik. 1918 promovierte sie zum Dr. rer. pol.. Von nun an war eine ihrer Ziele, das Berufsschulwesen zu reformieren. Dabei ging es ihr besonders auch darum, den berufstätigen Frauen eine Gleichstellung im Beruf und in der Gesellschaft zu ermöglichen. So forderte sie z. B. uneingeschränkt Fortbildungsschulen für alle Frauenberufe.
Ab 1921 wurde Olga Essig Leiterin der Städtischen Frauenarbeitsschule in Mainz. Ein Jahr später legte sie wegen Auseinandersetzungen um ihren Führungsstil das Amt nieder. 1922 folgte "eine Berufung als ‚Vortragender Rat" für das Referat "Mädchen-Berufsschulwesen" [im] thüringischen Volksbildungsministerium in Weimar. Dort erwartete sie Pionierarbeit, wie sie sie liebte. Es ging um Aufbau und Leitung des weiblichen Berufs- und Fachschulwesens und um einheitliche Gesetzesgrundlagen für die neue Einheitsschule. Doch war all dies nur von kurzer Dauer. 1924 wurde in Thüringen nach dem Einmarsch der Reichswehr und einem monatelangen Ausnahmezustand eine Rechtsregierung gebildet. Olga Essig, eine überzeugte Sozialistin und seit der Novemberrevolution Mitglied der SPD, wurde daraufhin entlassen." 1)
Da sie jedoch inzwischen durch ihre Vorträge und Arbeit so bekannt geworden war, holte der Hamburger Senat sie nach Hamburg und gab ihr 1924 die Stelle als Direktorin der Allgemeinen Gewerbeschule für das weibliche Geschlecht. 1929 wurde sie als erste Frau in Hamburg Oberschulrätin für das gesamte Hamburgische Berufsschulwesen. Olga Essig baute das Hamburger Berufsschulwesen für Mädchen auf und war maßgeblich daran beteiligt, dass die selbstständig arbeitende Berufsschulbehörde mit der Schulbehörde zusammengelegt wurde.
1933 wurde sie aus politischen Gründen entlassen. Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie wieder in ihr Amt als Oberschulrätin für die Berufsschulbehörde eingesetzt, das sie bis zu ihrer Pensionierung 1950 innehatte.
Gleichzeitig war sie auch in der Hamburger Frauenbewegung aktiv. So war sie 1946 Mitbegründerin des Hamburger Frauenrings. 1959 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse überreicht.
Text: Rita Bake
Quelle:
1) Traute Hoffmann: Der erste deutsche ZONTA-Club. Auf den Spuren außergewöhnlicher Frauen. Hamburg 2002, S. 147f.
Friedhof Diebsteich
Margareta Hunck-Jastram, geb. Stalmann, geschiedene Jastram
© kulturkarte.de/schirmer

Photo: Parlamentarischer Informationsdienst der Hamburgischen Bürgerschaft
30.11.1913 Altona - 2.3.1998 Hamburg
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (CDU) von 1961 bis 1970
Grablage: H 1094/1098
Margareta Hunck-Jastram ist bestattet bei ihren Eltern, wo auch ihr erster Mann begraben ist. 1955 trat die Pastorentochter Margareta Hunck-Jastram in die CDU ein und war bis 1993 Mitglied der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte. In erster Ehe war sie mit Friedrich Jastram (1907-1989), einem Pastor, verheiratet gewesen, mit dem sie drei Kinder hatte. 1968 heiratete sie den Bürgerschaftsabgeordneten (CDU) Heinrich Hunck. Er wurde nach seinem Tod bei seiner ersten Ehefrau auf dem katholischen Teil des Ohlsdorfer Friedhofes bestattet.
1961 wurde Margareta Hunck-Jastram CDU-Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft. Ihre drei Kinder waren damals vierundzwanzig, vierzehn und elf Jahre alt. Bis 1970 engagierte sie sich als Abgeordnete der Bürgerschaft in den Bereichen Schule, Soziales und Eingaben. Als besonderes Erfolgserlebnis ihrer politischen Arbeit bezeichnete sie die Durchsetzung der Verlängerung der Verjährungsfrist für NS-
Verbrechen: Unrecht in dieser Dimension kann und darf nie verjähren. Nach ihrem Ausscheiden aus der Bürgerschaft wurde sie Geschäftsführerin der Staatspolitischen Gesellschaft und war auch als Geschäftsführerin in einem Abgeordnetenbüro tätig. Außerdem war sie Mitglied der Vereinigung ehemaliger Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft.
Text: Dr. Rita Bake

© kulturkarte.de/schirmer
Luise Auguste Henriette Schenck
14.6.1839 Elmshorn - 25.10.1918 Hamburg
Schriftstellerin
Grablage: BA- 01, 000-032
Der Grabstein liegt unmittelbar am Hauptweg des Friedhofes Diebsteich, ca. 150 Meter von der Kapelle entfernt, auf der rechten Seite. "Ihr Neffe Ernst Barlach - seine Mutter war eine Cousine Luise Schencks - hinterließ mit seinem für sie und ihre Schwester Bertha gefertigten Grabstein auf dem Friedhof Diebsteich eine sichtbare Spur ihres Wirkens: ein aufgeschlagenes Buch auf einem angedeuteten Lesepult." (Alexandra Lübcke)
Alexandra Lübcke verfasste und veröffentlichte im 4. Band der Hamburgischen Biografie von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke ein Kurzprofil über Luise Auguste Henriette Schenck. Darin schreibt sie über die Schriftstellerin: "Seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts bis zu ihrem Tode wartete Luise Schenck mit zahlreichen literarischen Publlikationen auf, gleichwohl blieb ihr der große literarische wie auch finanzielle Erfolg versagt. (...)
Als literarisch tätige, alleinstehende Frau konnte Luise Schenck nicht von ihrem künstlerischen Schaffen leben und arbeitete zusätzlich als Sprachlehrerin und Übersetzerin. Auch die Bekanntschaft mit prominenten zeitgenössischen Schriftstellern wie Otto Ernst und Timm Kröger (Hamburger Kreis) schützte sie nicht davor, dass ihr die erhoffte literarische und finanzielle Anerkennung von Verlegern versagt blieb. Dieses Schicksal teilte sie mit anderen zeitgenössischen Dichterinnen, die öffentlich präsent sein wollten." 1)
Luise Scheck war, wie Alexandra Lübcke schreibt, eine "höhere Tochter": der Vater ein Rechtsanwalt, über die Mutter wird nichts berichtet.
"Engere Kontakte hatte Luise Schenck zu ihrem Patenonkel August, einem in London und Paris erfolgreichen Kunstmaler. Mit ihm unternahm sie als junge Frau (...) umfangreiche Reisen innerhalb Europas, bevor sie später nach Südamerika aufbrach. (...) in den 1870er Jahren ging sie als Sprachlehrerin und Erzieherin nach Brasilien.
Nach ihrer Rückkehr betrat sie in Hamburg 1885 die literarische Bühne mit ihren Reiseerzählungen "Lose Blätter aus Brasilien" und verortete sich mit dem Buch im zeithistorischen Kontext bildungsbürgerlicher Reisekultur, die vor allem bürgerlichen Frauen nicht nur literarische Türen öffnete. Die ihr Werk kennzeichnende ungewöhnliche Textur aus unterhaltsamen Reiseberichten, Tagebucheinträgen, Novellen und - teils übersetzten - romantischen Gedichten brachte sie in freundschaftlichen Kontakt mit dem Schrifststeller Gustav Freytag. Es folgten weitere Erzählungen, wobei sie sich (...) mit ihren Geschichten thematisch fast ausschließlich der schlewig-holsteinischen Heimat verschrieb und historische Sujets ihrer näheren Umgebung verarbeitete. (...) mehrere Jahre musste Luise Schenck das Schreiben aufgrund der intensiven Pflege ihrer Mutter und mehrerer Schwestern unterbrechen." 1)
Quelle:
1) Alexandra Lübcke, in: Hamburgische Biografie. Hrsg. von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke, Bd. 4, Hamburg 2008, S. 300-301.
Jüdischer Friedhof Bornkampsweg
Käthe Starke geb. Goldschmidt
© kulturkarte.de/schirmer
Auf dem Grabstein steht ganz unten die Inschrift: Handeln, Helfen, Haltung


© Privatbesitz Pit Goldschmidt
27.9.1905 Altona - 10.8.1990 Hamburg
Dramaturgin, deportiert ins KZ Theresienstadt, nach der Befreiung Rückkehr nach Hamburg, 1975 Veröffentlichung ihrer Erinnerungen an ihre Deportation und an das KZ Theresienstadt unter dem Titel "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt"
Grablage: 2 m neben dem von Pius Warburg (Grab 902)
Käthe Goldschmidt und ihre Schwester Erna wuchsen in Altona als Töchter des Bankiers Iska Goldschmidt und seiner Frau Hulda, geborene Schönberg, auf. Die Familie gehörte zur Oberschicht der jüdischen Altonaer Gemeinde. Sie lebte in Altona-Ottensen in der Ohlendorffsallee 4, der heutigen Susettestraße.
Erna Goldschmidt arbeitete nach einer entsprechenden Ausbildung in der Bank ihres Vaters, der "Firma Louis Goldschmidt" in Hamburg in der Pelzerstraße 9. Seit April 1927 führte die Jüdische Gemeinde Erna Goldschmidt als Mitglied. Ab 1938 war sie als Mitarbeiterin im Jüdischen Religionsverband Hamburg unter dem Geschäftsführer Max Plaut tätig.
Käthe Goldschmidt, später verheiratete Goldschmidt-Starke,
begann 1927 an der Universität Heidelberg das Studium der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte und setzte es an der Universität München fort, erweitert um die Fächer Theater- und Literaturwissenschaften. In der Absicht, die Theaterlaufbahn einzuschlagen, wirkte sie als Schauspielerin und Regisseurin, vor allem bei der Akademischen Spielschar in München, die von Helmut Käutner geleitet wurde. Sie rechnete mit einem Engagement beim Theater. Doch die nationalsozialistische Machtübernahme machte ihre Berufspläne zunichte. 1934 wurde die Spielschar aufgelöst und 1935 wurden alle Jüdinnen und Juden aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen.
Am 18. November 1935 bekam Käthe Goldschmidt von ihrem Freund Martin Starke einen Sohn, Pit Goldschmidt. Um sie und ihren unehelichen Sohn vor nationalsozialistischer Verfolgung zu bewahren, erklärte sich ein nichtjüdischer Kommilitone bereit, sie zu heiraten. Doch der Plan schlug fehl. Die Nürnberger Gesetze vom September 1935 verboten die Eheschließung zwischen jüdischen und nichtjüdischen Partnern. Im November 1936 wurde Käthe Goldschmidt von der Politischen Polizei München wegen "Rassenschande" verhört und bekam die Auflage, sich von dem vermeintlichen Kindsvater zu trennen.
Sie kehrte nach Hamburg zurück. Ihren Sohn ließ sie getarnt als "arisches" Waisenkind in der Obhut des katholischen Blauen Kreuzes in München zurück. Bis zum Verbot aller jüdischen Kulturunternehmungen wirkte sie als Dramaturgin beim Theater des Jüdischen Kulturbundes in Hamburg. Ihr Sohn vermutet, dass sie zu ihrem Schutz wie ihre Schwester als Mitarbeiterin bei der Bezirksstelle Hamburg des Jüdischen Religionsverbandes geführt wurde, seines Wissens war sie dort nicht selbst aktiv.
Als Iska Goldschmidt 1938 starb, führten die Witwe Hulda Goldschmidt und ihre Töchter Erna und Käthe das Geschäft in Erbengemeinschaft weiter. Doch der nationalsozialistische Staat plünderte die wohlhabenden Juden aus. Erst musste die Familie eine Judenvermögensabgabe von 4750 Reichsmark zahlen. Dann erfolgte die Liquidation der Bankfirma Louis Goldschmidt. Wie alle Juden hatten auch die Goldschmidts persönliche Wertgegenstände wie Pelzsachen, Fotoapparate, elektrische Geräte abzuliefern, durften keine Haustiere mehr halten, und ihre Konten wurden unter Sicherungsanordnung gestellt und damit gesperrt.
Anfang Oktober 1940 erhielten Mutter und Töchter, wie in den Akten des Amtes für Wiedergutmachung vermerkt, Anweisung, in ein "jüdisches Haus" zu ziehen. Erst bewohnten die Schwestern zwei Zimmer in der Hindenburgstraße 111, dann nahmen sie die inzwischen schwerkranke Mutter dort in einem Mansardenzimmer zu sich.
Am 25. Oktober 1941 fand die erste Deportation Hamburger Juden nach Lodz statt. "Für eventuelle Ausfälle" hatte die Gestapo eine zusätzliche Liste von 200 Namen aufgestellt, auf der auch Käthe, Erna und Hulda Goldschmidt zum Abtransport vorgesehen waren. Dazu kam es nicht. Einen Monat später starb die Mutter.
Im Zuge der Gettoisierung der Juden wurden die Schwestern im September 1942 zwangsweise in dem eng belegten "Judenhaus" Beneckestraße 2 einquartiert, das dem Religionsverband Hamburg gehörte. Käthe und Erna Goldschmidt teilten sich im zweiten Stock eine mit einem Wandschirm abgetrennte Korridorecke. Laut Akten des Amtes für Wiedergutmachung standen die Hausbewohner unter besonderem Druck, denn unten im Haus befand sich das Büro der Gestapo.
Ab Sommer 1942 wurden die jüdischen Heime und Anstalten geräumt und Transporte mit den Gebrechlichen und Alten zusammengestellt. Als nicht mehr so viele jüdische Gemeindeangestellte gebraucht wurden, bekamen auch immer mehr Mitarbeiter der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland den Deportationsbefehl. Schließlich erhielt die Reichsvereinigung den Befehl zur Auflösung.
Käthe Goldschmidt wurde am 10. Juni 1943 auf Anordnung der Gestapo, Staatspolizeileitstelle Hamburg, verhaftet. Ab dem 11. Juni 1943 standen die Bewohner des Komplexes Beneckestraße 2-6 unter Hausarrest. Die Büros der Gemeinde im Parterre von Nr. 2 waren geschlossen und versiegelt. Nun sollten auch die letzten dreißig besoldeten Mitarbeiter der Hamburger Bezirksstelle zusammen mit über siebzig anderen Juden, die zunächst zurückgestellt worden waren, nach Theresienstadt gebracht werden. Die "Judenhäuser" Beneckestraße 2, 4 und 6 dienten als Sammelstelle für die sieben Deportationen im Jahre 1943. Am 23. Juni 1943 wurden Erna Goldschmidt aus Haus Nr. 4 und Käthe Goldschmidt aus Haus Nr. 2 abgeholt und nach Theresienstadt deportiert.
In ihren 1975 veröffentlichten Erinnerungen beschreibt Käthe Goldschmidt-Starke die Deportation vom Hannöverschen Bahnhof: "Nein - auf unserem Transport nach Theresienstadt fing niemand an zu schreien. Uns trat auch keiner in den Rücken, wie ich es elf Monate zuvor noch im Hof der Schule an der Sternschanze gesehen hatte [...] Der Chef des Judendezernats der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Hamburg, "Herr" Göttsche, der uns mit seinem Stab das Abschiedsgeleit gab, zeigte sich mehrere Nuancen undienstlicher als gewöhnlich. Keine Filmkameras surrten, keine umgehängten Photoapparate machten Privataufnahmen von hübschen Helferinnen, von Elendsgestalten auf dem Bahnsteig oder von Tragebahren mit sterbenden Greisen. Es war ja vergleichsweise auch gar nichts los heute. Ein kleiner Transport von 108 Seelen nur. Aber mit diesem kleinen Transport, der die letzten Mitarbeiter der Gemeinde und auch die letzten Betreuten entführte, sahen die Beamten vom Judendezernat ihr Arbeitsgebiet in der Heimat entschwinden und die Front für sich in gefährliche Nahe rücken. Und das war es, was sie erweichte. [...] Beim Registrieren für die Transportliste herrschte ein ungewöhnlich konzilianter Ton. Keine Schläge, nicht einmal laute Kommandos, niemandem wurde aus Spaß der Kopf unter die Wasserleitung gehalten. Die Sekretärinnen der Gestapo, zwei attraktive Mädchen, reichten uns mit spitzen Fingern unsere Judenkennkarten zurück, in die sie gestempelt hatten, daß die Inhaber dieses mit dem Heutigen evakuiert seien und hakten uns auf ihrer Liste ab. Solcherart ausgestrichen aus dem Buch der Lebenden wurde uns gegen allen Brauch gestattet, noch einmal in unser Zimmer zurückzukehren und die restliche Wartezeit dort zu verbringen. Diese Galgenfrist nutzten wir, um Notsignale zu geben an Freunde im neutralen Ausland, flüchtige Zeilen, deren Tenor lautete: Ich verlege meinen Wohnsitz heute nach Theresienstadt, Protektorat ... Auf dem abgelegenen Güterbahnhof, dem Hannöverschen, der schon Schauplatz vieler Judentransporte gewesen war, begann für uns das Abenteuer, aus dem noch niemand zurückgekehrt war. [...] Unbarmherzig in der klaren Luft bot sich der Zug der Träger dar, die über den leeren Bahnsteig unsere bettlägerigen Kranken, unsere ältesten und nicht Transportfähigen zu den notdürftig als Liegewagen hergerichteten Waggons trugen. Sauber hergerichtet, wie vom Leichenwäscher, ein letztes Mal pfleglich betreut, verschwanden sie hinter den Schiebetüren, entschwanden sie ihren "arisch versippten" Verwandten, die sie hilflos begleiteten, und waren einem Schicksal ausgeliefert, das "Verhungern" heißen sollte ... Die Türen wurden zugeschoben. Der Transport war abgefertigt. Wir merkten, daß wir fuhren. - In diesem Augenblick endete die altehrwürdige Tradition der Hochdeutschen Israeliten-Gemeinde zu Altona, und die der hochangesehenen und reichen Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg."
In Theresienstadt bekam Käthe Goldschmidt über den Putzdienst Kontakt zu den "Prominenten" des Lagers. Später war sie in der Zentralbibliothek beschäftigt.
Erna Goldschmidt arbeitete in Theresienstadt im Judenrat des Gettos mit.
Am 8. Mai 1945 wurden die Schwestern in Theresienstadt von der Roten Armee befreit. Wegen Fleckfieberquarantäne durften sie das Lager erst am 28. Juli 1945 verlassen und traten den Heimweg nach Hamburg an.
Zurück in Hamburg engagierte sich Erna Goldschmidt für den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde. Auch arbeitete sie für die Jewish Trust Cooperation for Germany und in leitender Funktion für den jüdischen Gemeindefonds Nordwestdeutschland, der die Restbestände jüdischen Eigentums in der britischen Zone übernahm. Sie war in verschiedenen jüdischen Dachorganisationen tätig und engagierte sich ehrenamtlich in nichtjüdischen Organisationen.
Käthe Goldschmidt und ihre Schwester zogen im September 1945 in die Grottenstraße 9 nach Othmarschen. 1947 nahm Käthe Goldschmidt ihren Sohn Pit aus München wieder zu sich. Ihre Promotion als Theaterwissenschaftlerin konnte sie 1948 in München abschließen. Ende der 40er Jahre heiratete sie Martin Starke, den Vater ihres Sohnes, der das KZ Auschwitz überlebt hatte. 1975 veröffentlichte sie ihre Erinnerungen an das Getto Theresienstadt unter dem einem Propagandafilm der Nazis entliehenen Titel: "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt." Sie hatte eine Sammlung von Zeichnungen und Dokumenten aus Theresienstadt nach Hamburg mitgebracht - ein von der jüdischen Selbstverwaltung des Gettos Ende 1943 zusammengestelltes Album mit Biografien und Fotos von dort internierten jüdischen Prominenten, außerdem 62 Aquarelle und Zeichnungen von zwanzig professionellen und Laienkünstlern sowie den Rechenschaftsbericht der Gettozentralbücherei bis November 1943. Dieses so genannte Theresienstadt-Konvolut wurde 2002 in einer Ausstellung des Altonaer Museums gezeigt.
Erna Goldschmidt starb am 8. Mai 1977. Käthe Goldschmidt-Starke lebte noch bis zum 10. August 1990 in Hamburg, ihr Ehemann war schon 1957 verstorben.
Text: Birgit Gewehr
Quellen:
1; Gabriela Fenyes, Goldschmidt, Erna, und Starke, Käthe, in: Das jüdische Hamburg, hg. vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Göttingen 2006; AfW, Akte 221299, Starke, Käthe; StaHH 5221-Jüdische Gemeinden, 992e 2, Band 1, Deportationsliste Lodz 25.10.1941; Käthe Starke, Der Führer schenkt den Juden eine Stadt. Bilder, Impressionen, Reportagen, Dokumente, Berlin 1975; Beate Meyer (Hg.), Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933 bis 1945. Geschichte. Zeugnis. Erinnerung, hg. v. Landeszentrale für Politische Bildung, Hamburg 2006; Eine verschwundene Welt. Jüdisches Leben am Grindel, hg. v. Ursula Wamser und Wilfried Weinke, Springe 2006; Gespräch mit Pit Goldschmidt, 7.10.2007

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Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Charlotte_Embden
Charlotte Embden, geb. Heine
18.10.1800/1804 Düsseldorf - 14.10.1899 Hamburg
Schwester von Heinrich Heine und seine Zuarbeiterin
Grablage: 03-18
Charlotte Embden wohnte mit ihrem Mann Moritz (1790-1866), einem reichen Textilkaufmann und ihren gemeinsamen vier Kindern in einem Haus an der Esplanade 39, das 1958 abgerissen wurde. Anstelle des hochherrschaftlichen Embden-Palais' mit seiner antiken Tempelfront wurden zweckmäßige Hochhäuser gebaut.
"Aufgewachsen in ihrer Geburtsstadt als Tochter des Tuch- und Manufakturkaufmanns Samson Heine (1764-1828) und seiner Ehefrau Betty (ursprünglich Peira), geborene van Geldern (1771-1859), [ihr Grabstein befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof an der Ilandkoppel] erhielt sie wie ihre drei Brüder Heinrich, Gustav und Maximilian eine an liberalen und aufklärerischen Werten orientierte Erziehung, die den Weg der Assimilierung ebnen sollte. In Düsseldorf besuchte sie eine von Nonnen geleitete Klosterschule. Die Erziehung des Mädchens lag wesentlich in der Hand der Mutter." 1)
Im März 1820, nachdem ihr kranker Vater 1819 in Düsseldorf bankrott gemacht hatte, zog sie mit ihrer Mutter und den beiden Brüdern Gustav und Maximilian nach Hamburg, wo Verwandte wohnten. Ihr Vater war schon nach Hamburg vorausgereist. Die Familie wurde vom Bruder des Vaters, dem Bankier Salomon Heine finanziell unterstützt. "Dauerhaft wurde die Familie, die sich zwischenzeitlich zunächst in Oldesloe, dann ab Juli 1822 in
Lüneburg aufhielt, erst ab 1828 in Hamburg ansässig. In diesem Jahr starb Charlottes Vater." 2)
In Hamburg lernte Charlotte Heine ihren zukünftigen Mann kennen, den sie 1823 heiratete. Bevor das Paar, das fünf Kinder bekam (Maria, geb. 1824; Ludwig, geb. 1826; Anna, geb. 1829; Helene, geb. 1832; Liese, geb. 1834), an die Esplanade zog, hatte es am Neuen Wall 167, dann am Jungfernstieg, an der Großen Theaterstraße und später am Gänsemarkt gewohnt.
In den 1840er Jahren fungierte Charlotte Embden als Salonière. Der Embden'sche Salon wurde zu einem Treffpunkt für viele Persönlichkeiten des kulturellen Lebens.
Heinrich Heine war oft Gast im Hause Embden. Charlotte Embden arbeitete ihrem Bruder zu, beschaffte ihm aus Hamburger Bibliotheken notwendige Bücher und führte häufig die Verhandlungen mit Heines Verleger Julius Campe. Sie selbst schrieb viele Briefe, aus denen ihr Lebenswandel erfahrbar wird. Ihre Erinnerungen an ihren Bruder liegen als unveröffentlichtes Manuskript vor.
Heinrich Heine erwähnt seine Schwester in seinen Schriften. 1824 schrieb er für sie das Gedicht "Mein Kind wir waren Kinder." "Dass Heine seiner Schwester darüber hinaus etliche weitere Gedichte widmete, deutet auf das besonders enge und vertraute Verhältnis zwischen den Geschwistern hin. Aus einer Vielzahl von überlieferten Briefen spricht die besondere Wertschätzung Heines für Charlotte, die ihm zur engsten familiären Vertrauten wurde. Bisweilen changiert sein Verhältnis zur Schwester zwischen fürsorglicher Zugewandtheit und schwärmerischer, erotisch getönter Liebe", schreibt Dirk Brietzke in seinem Portrait über Charlotte Embden. 3)
Nach Heinrich Heines Tod (1856) besuchten viele Schriftsteller und Literaturhistoriker und 1887 sogar Kaiserin Elisabeth von Österreich Charlotte Embden, um mehr über den Bruder zu erfahren.
Text: Dr. Rita Bake
Quelle:
1-3) Dirk Brietzke: Charlotte Embden, in: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Personenlexikon. Bd. 4. Göttingen 2008, S. 93-94.
Jüdischer Friedhof Königsstraße
Fromet Gugenheim, verh. Mendelssohn
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Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fromet_Mendelssohn
6.10.1737 Hamburg - 5.3.1812 Altona
Hausfrau, Geschäftsfrau
Grablage:
Fromet Gugenheim war die Tochter eines Kaufmanns. Sie war mit dem 14 Jahre älteren Philosophen Moses Mendelssohn verheiratet, den sie 26 Jahre als seine Witwe überlebte und den sie durch Vermittlung des Arztes Emmerich Gumpertz (1723-1769) kennengelernt hatte.
Vor der Hochzeit urteilte Moses Mendelssohn über seine Zukünftige: "Das Frauenzimmer, das ich zu heiraten Willens bin, hat kein Vermögen, ist weder schön noch gelehrt; gleichwohl bin ich ein verliebter Geck so sehr von ihr eingenommen, dass ich glaube, glücklich mit ihr leben zu können." Diese Erkenntnis übermittelte er seinem Freund Lessing ein Jahr vor seiner Hochzeit. In Briefen, die sich das Paar zweimal in der Woche schrieb, sprachen die beiden auch über literarische und sprachliche Fragen - ganz so ungebildet kann Fromet also nicht gewesen sein. Aber Moses Mendelssohn hielt es für notwendig, dass sie ihre Bildung vervollkommnete und so vermittelte der zukünftige Gatte seiner zukünftigen Ehefrau Privatunterricht bei Johann Joachim Christoph Bode, einem Freund von Lessing und selbst Übersetzer, Journalist und Musiklehrer
Die Ehe wurde 1762 in Berlin geschlossen, wo das Paar in Folge auch lebte. Der Historiker Arno Herzig schreibt in seinem Portrait über Fromet Mendelssohn, aus den
Briefen, die sich die beiden schrieben, werde deutlich, "dass es sich um eine echte Liebesbeziehung handelte, die mit den jüdischen Konventionen brach. So verzichtete das Paar auf einen Ehevertrag." 1)
In den folgenden 19 Jahren bis 1782 gebar Fromet Mendelssohn zehn Kinder. Vier von ihnen starben früh. Fromet Mendelssohn war u.a. die Mutter des Bankiers Abraham Mendelssohn und Großmutter der Komponisten und Musiker Fanny und Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Fromet Gugenheim war mit der Haushaltsführung und der Mutterarbeit stark beschäftigt, obwohl sie sicherlich auch über Personal verfügte. Dennoch übernahm sie noch die geschäftliche Korrespondenz ihres Mannes, wenn dieser abwesend war.
In Wikipedia heißt es über Fromet Mendelssohn: "Sie galt als leidenschaftliche Theaterbesucherin. Da sie Kontakte mit Gotthold Ephraim Lessing und Johann Jakob Engel pflegte, nahm sie auch Einfluss auf das kulturelle Leben in Berlin. Dies ist dokumentiert in den wenigen Briefen, die von ihr aus der Zeit zwischen 1773 und 1775 erhalten sind." 2)
Nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1786 zog Fromet Mendelssohn zu einer ihrer Töchter nach Neustrelitz. Nachdem sich diese von ihrem Ehemann hatte scheiden lassen, zogen beide nach Hamburg zurück zu Fromets Söhnen Joseph und Abraham.
"Aus der Zeit in Berlin hatte sie einen 1774/75 von ihr und ihrem Gatten in Auftrag gegebenen Toravorhang mitgebracht, der vermutlich aus ihrem Brautkleid angefertigt worden war. Dieser Toravorhang wurde im Jahr 1805 der großen Altonaer Synagoge geschenkt. Heute kann er im Jüdischen Museum Berlin im Sammlungsbereich "Angewandte Kunst" besichtigt werden." 3)
Nachdem Fromet Mendelssohn gestorben war, wurde auf ihrem Grabstein in hebräischer Sprache die Inschrift eingemeißelt, sie sei die Tochter des Kaufmanns Abraham Guggenheim gewesen und die Witwe "unseres Lehrers, des Meisters Herrn Moshe Mendelssohn". Matthias Gretschel kommentierte dies 2009 in seinem Artikel über Fromet Gugenheim, den er anlässlich des Restaurierungsschlusses ihres Grabes im Hamburger Abendblatt veröffentlichte: "-- einen Hinweis auf die eigene Lebensleistung hielt man, wie bei Frauen damals allgemein üblich, für verzichtbar. Sie wurde lediglich als "züchtig" und "fromm" charakterisiert. Dabei war die am 6. Oktober 1737 geborene Hamburger Jüdin offenbar eine eindrucksvolle Persönlichkeit. " 4)
Text: Rita Bake
Quellen:
1) Arno Herzig, in: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Personenlexikon. Bd 1. Hamburg 2001, S. 114.
2) Wikipedia: Fromet Gugenheim, abgerufen 8.1.2018.
3) Ebenda.
4) Matthias Gretschel: Fromet-Mendelssohns grab wurde restauriert, in :_ Hamburger Abendblatt vom 6.5.2009. Unter: https://www.abendblatt.de/kultur-live/article107506536/Fromet-Mendelssohns-Grab-wurde-restauriert.html
Ehemaliger Friedhof Wohlers Park

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Portraitgemälde aus: Eine Annäherung an Hedwig von Nyegaard. Mit beiträgen von: dem Vorstand der von Nyegaard-Stiftung, Sonja Chevallier, Inge Garbe, Ursula Khajooei, Tine Peuker, Ruth Thyssen, Hiltrud Werner, Karin Thomsen, Maria Nini. Hamburg 2012, S. 26.
Hedwig Nyegaard, geb. Müller
30.9.1812 Altona -18.3.1898 Altona
Stifterin (Von Nyegaard-Stift, Max-Brauer-Allee)
Grablage: Grabstein im Park. Der Grabstein ihrer Stiftung befindet sich auf dem Friedhof Diebsteich auf FH 10
Hedwig Magdalene Henriette von Nyegaard entstammte einer wohlhabenden Familie. Von ihrem Vater, dem Syndikus der Stadt Altona, Georg Friedrich Müller erbte sie ein großes Vermögen. Sie war verheiratet mit dem Korvettenkapitän Christian Wilhelm Nyegaard (1790-1847). Das Paar blieb kinderlos und wohnte an der Palmaille 5. Der Gatte starb nach siebenjähriger Ehe im Alter von 57 Jahren. Hedwig Nyegaard wurde mit 35 Jahren Witwe. Fortan lebte sie allein und nahm gewahr, dass es vielen alleinlebenden Damen "gebildeter Stände" finanziell nicht gut ging, dass sie in Armut und schlechten Wohnverhältnissen lebten. So verfügte sie bereits zu Lebzeiten, dass ihr Millionenvermögen auch für den Bau eines Damenstiftes zur Verfügung gestellt werden sollte. Ihr Vermögen sollte: "einem wahrhaft wohltätigen Zweck zu[gewendet werden] in der Weise, daß dadurch auch noch Späterlebenden den Nutzen gebracht und zugleich das Andenken an meinem Vater, von dem das durch mich nach und nach vergrößerte Vermögen herrührt und an meine Mutter sowie an meinen innig geliebten Mann und mich erhalten."
1898 stiftete sie das Nyegaard-Stift für alleinstehende alte Damen. "Es soll Alles was ich sonst hinterlasse an beweglichen und unbeweglichem Haab und Gütern eine milde Stiftung bilden "Die von Nyegaard"sche Stiftung" mit dem Zweck, Witwen und Töchter unvermögender Officire, Beamten, Prediger sowie andere den gebildeten Ständen angehörige alleinstehende weibliche Personen, welche dessen bedürftig und würdig sind, daraus zu unterstützen."
"Am 1. Oktober 1901 zogen die ersten Damen in die 50 ca. 34 qm großen Wohnungen ein, die bereits über je ein Wohn- und Schlafzimmer, Küche und
,Klosett" verfügten. Schon damals gab es auch größere Wohnungen mit einem zweiten Schlafzimmer, die von 2 Damen (selbstverständlich nur Mutter und Tochter oder Schwestern) bewohnt werden konnten." 1)
Eine Gedenktafel auf dem Gelände erinnert an die Stifterin: "Diesen Bau ließ Hedwig von Nyegaard, (...) als Damenstift errichten. Den reichsweiten Wettbewerb hatte das Berliner Architektenbüro Kuhn und Baumgarten gewonnen. Der schlossähnliche Komplex in Formen der deutschen Renaissance mit Rauhputz und Werksteingliederung zeigt den Einfluss Berlins auf die Architektur des preußischen Altonas."
Auch heute leben im Stift Damen in 2-Zimmer-Wohnungen.
Text. Rita Bake
Quelle:
1) http://nyegaard-stiftung.de/de/Das-Haus/Die-Geschichte